Interview I

mit Gerhard Götze, Editor, Art Publisher

Frau Schertle,

 
1)  In Ihren Aufzeichnungen, Notaten, wie auch im persönlichen
Gespräch zu Ihren künstlerischen Arbeiten,
tritt immer das Natur-erleben als Bestimmung zutage.
Wie wird die Transformation in Ihrem Werk für Sie darin offenbar?

–  Als gefühlte Erinnerung ! Als Synthese mit Mensch und Natur. Mit allen Sinnen vernommen,alle Deutlichkeit der Präsenz der Schöpfung, des Augenblicks.

2)  Das Wesentliche im Bild zu bestimmen erscheint mir als Credo Ihrer Arbeiten?

–  Ja, ich habe ja eine begrenzte Form, auf der ich mich ausdrücke.
Anders als ein Autor, der viele Seiten zur Verfügung hat.  Im  Bild hat man alles auf einmal im Blick. Aber auch etwas auf das Wesentliche reduzierte kann durchaus zu einer unbegrenzten Flut von Gedanken und Emotionen führen.

3)  Als Ausdrucksmedien bedienen Sie sich der Malerei, Materialcollage, der Zeichnung,
die Tektonik ist häufig rhythmisch, nie stillstehend:
kennzeichnet dies den Wechsel  von Entstehen und Vergehen…?

 Ich denke das ist ein immer wiederkehrendes Charakteristikum in meinen Bildern. Der Versuch, einen Moment einzufangen, um ihn stillstehen zu lassen, und dann das Begreifen der Unmöglichkeit dessen. Entstehen und Vergehen  ist in meinem  Empfinden nicht linear, sondern ein ineinandergreifender Akt.  

4)  Welche Rolle spielt die Zeit, die Zeit der Dauer, aber auch die Zeit, die
das Maß der Vergänglichkeit bestimmt, in Ihrer künstlerischen Arbeit?

–  Die Vergänglichkeit ist ein Gesetz, dem wir alle unterworfen sind,  ist in vielen meiner Arbeiten ein Thema. Sie verliert für mich ihren Schrecken durch das Erleben jeden einzelnen Momentes.   Die Zeit als Dauer spielt keine Rolle, es ist ein flüssiges  Übergehen von einem Zustand zum nächsten, ein ständig wachsender Fortgang.

5) Wie sehr ist die Erinnerung in Ihrer Bildgestaltung vorhanden, leitend?

–  Mein Fundus an Erinnerungen ist in hohem Maße bestückt. Dieses erinnern in Bildform und Bildsprache ist seit jeher bei mir sehr ausgeprägt. Es liegt nahe, dass Vorhandenes dem archetypischen Zugehörig  in meinen Schaffensprozess einfließt und auch Impuls selbst sein kann.

6)  Ist Ihre künstlerische Arbeit ein Erwecken des Augenblicks, des autonomen ?

–  Oft sind es Reminiszenzen, die den Anstoß für ein neues Werk geben, also kann auch der Augenblick die künstlerische Arbeit auslösen. Dann ist es die Neuerweckung oder das Erwachen dessen und wird immer dieses Autonome ausstrahlen wollen.

7)   Mir erscheint als Merkmal, das Wesentliche zu bestimmen, formt die Sprache,
die das gerade im Entstehen befindliche Werk konfiguriert?

–  Es ist meist ein aleatorisches, nicht intendiertes Vorgehen,
während des Entstehens mir selbst nicht gänzlich bewusst .

8)  Sind die Metaphern der Bilder Ihres Fundus, gleichwie,
ob Malerei oder Materialcollage, der Synkretismus der bildnerischen Einheit?

–  Ich sehe meinen gesamten Fundus durchaus als ein Zusammenfließen meiner Wahrnehmung, meines Credos, als etwas Mondiales.

9)  Gibt es den Widerruf der einmal zum Ausdruck gebrachten Form?

–  Ja, den gibt es. Ich stehe immer im Dialog mit meinem Bild und manches wird verworfen. Es ist ein kräftezehrender Vorgang um am Ende nach einem langen geistigen Spannungszustand doch zu einem für mich befriedigenden Ergebnis zu gelangen.


Interview with Gerhard Götze, Editor, Publisher

Mrs. Schertle,

1) In your notes as well as in our personal conversation about your artistic work,
reappears the experience of nature as determination.
How does the transformation manifests in your work for you?

– As a felt memory! As a synthesis between humans and nature.
With all fibers, all senses, all clarity of the presence of creation, of the moment.

2) To me, it seems the principal of your work is to determine the essential parts of the picture?

– Well, I have a limited form to express myself with. Unlike an author who has many pages available, with a picture you perceive everything in one glance. But even something reduced to the essential parts can certainly lead to an unlimited flood of thought and emotion.

3) You use painting, material collage, drawing as a medium of expression,
the tectonics are emotionally rhythmic, never standing still:
Does this indicate the alternation between arising and decaying …?

– I think that this is a recurring characteristic of my pictures. The attempt to catch a moment in order to let it stand still, just to realize that this is impossible. I regard arising and decaying as a linear, rather than a sequential act.

4) What role does time play, the time duration, but also the time that determines the degree of impermanence in your artistic work?

– Impermanence is a law to which we are all subject and it is an issue in many of my works. For me impermanence loses its horror through the experience of every single moment. Time as duration does not matter, there is a fluent transition from one state to the next, a constantly growing progression.

5) To what extent is memory present and a guiding force in your artwork?

– I have a broad and abundant spectrum of memories. I have always had a well developed capacity for remembering in the form of pictures and picture language. It feels to me that the existing combines with archetypal belongings in my creative process and that it can also be an impulse itself.

6) Is your artistic work an awakening of the moment, of the autonomous ?

– Often it is reminiscence that gives me the inspiration for a new creation, therefore the current moment can also spark the artistic work. Then it can be seen as the reawakening or awakening to the moment and will always require this autonomous radiance.

7) It seems to me that language, configuring the work in progress,
forms as a characteristic to determine what is essential?

– It is mostly an aleatoric, unintentional procedure, I am not fully aware of it during the creation.

8) Are the metaphors of the pictures in your work,
no matter whether painting or material collage, the syncretism of an artistic unity?

– I see my entire work as a confluence of my perception, my ideology, as something universal.

9) Is there a retraction of the form once it has been expressed?

– Yes, there is. I am always in a dialogue with my picture and some things are rejected. It is an exhausting process to finally reach a satisfactory  result after a long state of mental tension.